Freitag, 25. Dezember 2009

Faruk Şen: Europäer geprägt von Antisemitismus, Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit

Gegenüber dem türkischen Privatsender tv8 (Donnerstag, 24.12.2009) sprach Prof. Dr. Faruk Şen über die jüngsten islamophobischen Anfälle in Europa.

Auf die Frage welche Gründe die allgemeine Islamophobie in Europa habe, verwies Faruk Şen auf die weitverbreitete wirtschaftliche, politische und soziale Krise die nunmehr seit einem Jahrzehnt die Europäer demoralisiere. Bei einer Gesamtbevölkerung von 500 Millionen müßten die 17 Millionen Muslime innerhalb der EU als Sündenböcke herhalten.

Als besonders Paradox bezeichnete Şen die Reaktion der Schweiz. Die Schweiz beherberge in Genf einen Sitz der UNO mit über 8.000 Angestellten unter denen viele Muslime seien. Auch sei die Schweiz weitgehend abhängig von Bankgeschäften mit dem Ausland. Besonders muslimische Länder würden mit ihren Geldanlagen die Wirtschaft der Schweiz beträchtlich stützen. Dennoch fühlten sich die Schweizer von den Muslimen bedroht oder ausgebeutet.

Weiter sprach Şen über eine tiefverwurzelte antisemitische, islamophobe und fremdenfeindliche Mentalität der Europäer. Auch heute noch sei der Antisemitismus weitverbreitet, könne sich jedoch aufgrund israelischen Drucks und den gesellschaftlichen Tabus aufgrund der Judenverfolgungen während des Zweiten Weltkriegs nicht direkt äußern. Als Objekt des Anstoßes müßten deshalb gegenwärtig der Islam und die Muslime herhalten.

Unter einer solchen Stigmatisierung der westeuropäischen Muslime schließt Şen eine Rückwanderung nicht aus und forderte eine entsprechende Politik der Türkei um gegebenfalls eine beträchtliche Anzahl von Rückwanderern wiedereinzugliedern.

Auf eine Frage bezüglich seiner Absetzung als Direktor des Zentrums für Türkeistudien bezeichnete Şen die Empörung um seine Person als Werk des "deutschen Tiefenstaates" (türk.: derin devlet). Der Begriff faßt in der Türkei eine Art "Schattenstaat" bzw. "Staat im Staate" zusammen. Şen mußte im Sommer 2008 seinen Posten als Direktor des Zentrums für Türkeistudien "auf öffentlichen Druck hin" aufgeben nachdem er die Türken als "neue Juden Europas" bezeichnet hatte.

Gegenwärtig arbeitet Şen an der Gründung einer Deutschen Universität in der Türkei. Şen verwies auf die Wichtigkeit eines solchen Projektes im Angesicht der vielfälltigen Verbindungen der Türkei mit deutschsprachigen Ländern wie Deutschland, Österreich oder der Schweiz.

Bericht: Deutsch-Türkische Nachrichten

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