Die Überschrift war gut, doch die dahinter stehende Absicht ist einfach erbärmlich. Als der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan vor zwei Tagen vorschlug den georgisch-russischen Krieg und andere schwellende Konflikte im Kaukasus durch eine "Kaukasus-Union" zu entschärfen und somit auf eine langfristige Befriedung der Region hinzuarbeiten, horchten türkische und internationale Beobachter kurzweilig auf. Die türkische Initiative stellte sich aber schnell als Steilvorlage der USA heraus.
Gegenüber der türkischen Presse erklärte Erdoğan folgendes:
"Ähnlich wie auf dem Balkan, könnte eine Kaukasus Union gebildet werden an deren Arbeit wir uns beteiligen würden. Also mit den Regionalstaaten zusammen aufbauend und erweiternd. An der Spitze muss die UN stehen und ich werde (den UN-Vorsitzenden) Ban Ki-Moon noch heute kontaktieren um uns über diese Themen auszutauschen. Wenn wir zusammen mit den USA und den EU-Staaten Schritte in diese Richtung tun können, bin ich überzeugt davon ein Fundament für den Frieden im Kaukasus legen zu können.“ Auf die Frage wie Russland eine solche Initiative aufnehmen wird, sagte Erdoğan: "In dieser Kaukasus-Union, muss auch Russland sein."
Nach Erdoğans Vorstellungen sollen also dieser "Kaukasus-Union" USA, EU, UN sowie die Regionalstaaten angehören. Erdoğan will also nichts anderes als den Teufel mit dem Beelzebub austreiben! Etwas anderes konnte man vom "türkischen Saakaschwili" auch nicht erwarten. Ähnlich wie der liberal-demokratische Mafiosi in Tiflis, ist auch Erdoğan vom Westen paralysiert.
Erdoğan versucht mit diesem "Ausfall" lediglich Meldungen über eine diplomatische Abfuhr aus Moskau zu vertuschen. Darüber berichtete Murat Yetkin von der türkischen Tageszeitung "Radikal" am 11. August:
"Die Türkei links liegen gelassen
Am selben Tag (8. August) versuchte Ministerpräsident Tayyip Erdoğan von Istanbul aus Putin in Peking zu erreichen um einen Aufruf zur ‚Mäßigung‘ zu übermitteln. Für den gleichen Aufruf zur Mäßigung an die Adresse Saakaschwilis hatte es keine Schwierigkeiten gegeben. Doch während es bei Beratungen über Erdöl und Erdas keine kommunikationstechnischen Probleme mit Putin gab, konnte diesmal kein Kontakt hergestellt werden. Am 9. August, während Putin in der zur Russischen Föderation gehörenden Autonomen Region Nordossetien eintraf und der (türk.) Ministerpräsident in Bodrum weilte, wurden die Anstrengungen Putin telefonisch zu erreichen fortgesetzt. Sowohl der eigens eingerichtete Krisenstab im Außenministerium als auch das Büro des Ministerpräsidenten waren alleine mit dieser Aufgabe beschäftigt. Doch Putin fand keine Zeit um sich - wenn auch nur kurz - telefonisch mit Erdoğan zu unterhalten. Daraufhin setzte Ankara in den Nachtstunden des 9. August die Dringlichkeitsstufe herab und übermittelte Moskau, dass sich Außenminister Ali Babacan mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow zu treffen wünsche. Daraufhin meldete Moskau Gestern Vormittag (10. August) dass Lawrow in den Nachmittagsstunden Babacan telefonisch kontaktieren werde."
Als Erdoğan von der türkischen Presse nach dieser "missglückten Kontaktaufnahme" mit Putin gefragt wurde, sprach er von "völlig aus der Luft gegriffenen Gerüchten" und "Lügen".
Am Weltkrieg vorbeigeschrammt
Moskau hatte allen Grund die Türkei, wie auch die gesamte NATO, links liegen zu lassen. Die massive Aufrüstung Georgiens erfolgte schließlich durch NATO-Militärs. Zudem waren sich die Russen wohl in den ersten Kriegsstunden auch nicht sicher in wie weit die NATO Georgiens Überraschungsangriff aktiv unterstützte.
Dieser Verdacht scheint nicht unbegründet. Einmal von der generellen Aufrüstung Georgiens durch die NATO abgesehen, meldeten russische Quellen dass bei den Kämpfen um die südossetische Hauptstadt mehrere getötete georgische Soldaten ukrainischer und baltischer Herkunft seien. Auch wurden die Leichen von farbigen Kämpfern in georgischer Uniform gefunden. Russische Quellen sprachen am Montag (11. August) von bis zu 3000 US-Söldnern auf georgischer Seite. Mindestens ein Söldner soll von russischen Truppen gefangen genommen worden sein.
Unbestätigte russische Meldungen berichteten am 10. August auch von der Sichtung eines türkischen Kriegsschiffs vor der georgischen Hafenstadt Batumi. Nur einen Tag später kam es zu ersten Seegefechten zwischen der Russischen Schwarzmeerflotte und georgischen Marineeinheiten. Auch der Transport georgischer Truppen durch die US-Luftwaffe aus dem Irak ins neue Kriegsgebiet war, zu einem Zeitpunkt als russische Flugzeuge georgische Flughäfen bombardierten, äußerst riskant.
Es ist ersichtlich wie heikel die Situation besonders in den ersten zwei Tagen des Krieges war. Eine Verwicklung türkischer oder us-amerikanischer Truppen in die Kämpfe, hätte schnell zum NATO-Verteidigungsfall ausufern können.
Türkische Interessen können nicht die Interessen der NATO sein
Wie Murat Yetkin berichtet sind türkische Interessen ganz anders geartet:
"Diese Entwicklungen sind für die Türkei besonders wichtig. Nach mehreren Jahrhunderten etablierte sich Georgien zwischen der Türkei und Russland. Und die Türkei widmete sich dem neuen Verbündeten (Georgien) mit Händen und Füßen. Die Öl-Pipeline Baku-Tiflis-Ceyhan, die kaspische Gas-Pipeline und die Eisenbahnstrecke Baku-Tiflis-Kars, traten im Kaukasus als Möglichkeiten einer neuen Zusammenarbeit auf. Diese Projekte machten Russland nicht gerade glücklich. Doch abhängig vom russischen Erdgas aber als guter Kunde, konnte die Türkei einen Ausgleich mit Russland aufrechterhalten. Das übertriebene Vorgehen der Regierung Saakaschwili hat diesen Ausgleich sowie die Kooperation Aserbaidschans und der Türkei mit Georgien in Gefahr gebracht. Das Russland die Pipeline zwischen Aserbaidschan und der Türkei verschonte, während die georgischen Öl-Lager bei Poti bombardiert wurden, kann man als Bemühung Russlands auslegen, diesen Ausgleich nicht zu gefährden."
Kaukasus-Union nur mit ideologischem Fundament möglich
Eine Kooperation der Kaukasus-Anrainer ist nur unter Ausschluss von NATO und UN erfolgversprechend. Die NATO als Brandstifter und die UN als sterile Organisation kommen natürlich nicht in Frage wenn eine dauerhafte Beilegung der blutigen Konflikte im Kaukasus ernsthaft angestrebt werden soll. Man darf nicht vergessen dass es die NATO ist, die im Dreieck Afghanistan-Irak-Kaukasus brutale Kriege führt bzw. durch verantwortungslose militärische Aufrüstung und Instrumentalisierung ethnischer Minderheiten permanent Bandherde entfacht.
Wie im Falle des türkischen Ministerpräsidenten wieder einmal deutlich vorgeführt wurde, fehlt den eurasischen Großstaaten vor allem ein ideologisches Gesamtkonzept. Geistig stehen die Türkei, Russland, China, Pakistan und Indien dem Westen noch viel zu nahe. Nationalstaatlichkeit, Nationalismus, Liberalismus, Kapitalismus und Plutokratie sind ideologische Hemmnisse, die ein Gegenmodel zur US-Geführten westlichen "Neuen Weltordnung" verhindern.
Bericht: Algabal
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